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Discuto
0 days left (ends 15 Mar)
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Im folgenden Text haben wir unsere Sicht auf die wichtigsten Elemente für eine Grüne Agenda für krisenfeste, verbraucher- und investitionsfreundliche Finanzmärkte zusammengefasst. Sie beruhen auf unseren Erfahrungen in der Finanzmarktpolitik in Bundestag und Europaparlament sowie aus aktiver Tätigkeit im Finanzmarkt. Jetzt hoffen wir auf Ihr und Euer kritisch-konstruktives Feedback und Vorschläge für Änderungen, Streichungen und Ergänzungen. Wir freuen uns auf Kommentare und Bewertung bis zum 15. März 2016 Alle Kommentare werden wir bei der Erstellung der Endfassung berücksichtigen, die dann zu einem gemeinsamen Beschluss der Grünen wirtschafts- und finanzpolitischen Abgeordnetengruppen in Europaparlament und Bundestag führen soll.
Für Textänderungen bitte auf den Stift oben rechts bei jedem Paragraphen klicken!
Gerhard Schick, Sven Giegold, und Udo Philipp
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P34
Noch radikaler als ein Bürgergeld in Zeiten von Deflationsgefahr ist die Idee einer Geldreform hin zu Vollgeld beziehungsweise 100% Mindestreservehaltung für Banken. Die Verfechter*innen von Vollgeld wollen die Geldversorgung der Wirtschaft komplett auf Zentralbankgeld umstellen. Das Geld soll nicht mehr von den Banken aus dem Nichts geschöpft werden.
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P35
Viele Bürger*innen fühlen sich unwohl damit, dass die Zentralbanken in unserem Geldsystem die Geldschöpfung an private Banken delegiert haben. Es ist richtig, dass private Banken den größten Teil der Geldschöpfung übernehmen. Im Gegensatz zu den too big to fail Subventionen handelt es sich hierbei allerdings nicht um ein Privileg, aufgrund dessen sich Banken und ihre Manager bereichern. Durch die Konkurrenz im Bankenmarkt werden die Geldschöpfungsgewinne an die Kund*innen weitergegeben. Die hohen Boni werden im Investmentbanking bezahlt und nicht im klassischen Kredit- und Einlagengeschäft der Banken. Außerdem können Banken nicht beliebig Geld schöpfen. Zwar spielt die Mindestreserve in Deutschland keine Rolle mehr, dafür greifen aber Eigenkapitalregeln sowie harte betriebswirtschaftliche Zwänge. Eine Bank kann nur dann Geld schöpfen, wenn sie solvente Kreditnehmer*innen findet, die bereit sind, ihr auskömmliche Zinsen zu bezahlen und wenn sie selbst in der Lage ist, sich preiswert genug zu refinanzieren.
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P36
Vollgeld wäre vielleicht weniger krisenanfällig, da Geld nicht mehr durch zusätzliche Verschuldung in die Welt kommen würde. Allerdings muss uns bewusst sein, dass die Finanzindustrie nicht auf den Kopf gefallen ist. Spätestens seit der Finanzkrise wissen wir, dass es Geldsubstitute ohne Ende gibt und die Finanzindustrie immer einen Weg finden wird, um außerhalb der regulierten Banken Kreditgeld in die Welt zu bringen.[5]
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P37
Auch sehen wir die zentrale Rolle, die Zentralbanken im Vollgeldsystem bekämen, kritisch. Denn die Entscheidung über ökonomisch notwenige Geldmenge würde komplett zentralisiert und die Machtkonzentration bei der EZB weiter verschärft. Wenn sich die Zentralbank irrt, kann es zu ökonomischen Verwerfungen kommen.
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P38
Wir sprechen uns trotz gewisser Vorteile des Vollgelds nicht dafür aus, derzeit diesen Reformweg zu beschreiten. Auch wäre ein Pfad vom heutigen Geldsystem zum Vollgeld nur als Bruch und nicht als Prozess schrittweiser Reformen denkbar. Eine Privatisierung des Geldes, wie sie teilweise gefordert wird, lehnen wir wegen der drohenden Instabilität ab.
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Eigenkapital statt Schulden
P39
Wir wollen nicht, so wie es die Vordenker der Geldreform im sogenannten Chicago Plan gefordert haben, jegliche klassische Form des Kredites verbieten und nur noch Eigenkapitalfinanzierungen zulassen. Wenn es nur noch Eigenkapitalinstrumente gäbe, wäre es fraglich, ob dann wirklich ausreichend Mittel zur Finanzierung produktiver Investitionen zur Verfügung stehen. Wir halten es zudem nicht für vertretbar, den Bürger*innen vorzuschreiben, wie sie ihr Geld anzulegen haben.
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P40
Auch wenn wir also Vollgeld insgesamt für nicht zielführend halten, gibt es doch einige Elemente, die wir verfolgen wollen. Dazu gehört im Wesentlichen die Idee, dass schuldenfinanzierte Vermögenspreisblasen gefährlich sind, insbesondere wenn die Schulden so kurzfristig sind, dass sie Geldcharakter haben.
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P41
Daher wollen wir die Geldpolitik wie oben ausgeführt überdenken und daher schildern wir im Folgenden viele Ideen, wie wir Langfristigkeit und Eigenkapital fördern können.
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P42
Eine Finanzierung über Fremdkapital hat für Kreditgeber*innen den Vorteil, dass der Schuldendienst, sprich Zinssatz und Tilgung, klar festgeschrieben ist. Genau dies macht Finanzierung über klassische Schuldtitel so problematisch für Kreditnehmer*innen: sie müssen den Schuldendienst auch in schlechten Zeiten in voller Höhe leisten. Eine Finanzierung über Eigenkapital ist nicht so gut kalkulierbar für die Kapitalgeber*innen. Die Bindung des Kapitaldienstes an die wirtschaftliche Lage ist im Gegenzug der große Vorteil für diejenigen, die Kapital aufnehmen. Dies gilt auch für Staatsfinanzierung. Wenn der Schuldendienst nicht unabhängig von der Wirtschaftsentwicklung zu leisten ist, kann es nicht so leicht zu Krisen wie jüngst in der Eurozone kommen. Eine Volkswirtschaft, die in ihrer Finanzierung weniger auf klassische Schuldtitel sondern auf Finanzierungsinstrumente mit Eigenkapitalcharakter setzt, ist deutlich stabiler und auch weniger stetigem Wachstumszwang ausgesetzt.
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P43
Deshalb unterstützen wir die Bestrebungen, für Staaten, Unternehmen und auch für die Immobilienfinanzierung Finanzierungsinstrumente einzuführen, bei denen der Schuldendienst an die wirtschaftliche Entwicklung der Kreditnehmer*innen geknüpft ist.
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DIE BANKEN ROBUSTER MACHEN
Eigenkapital
P44
Banken sind existentiell gefährdet, wenn sie insolvent werden, also wenn sie so hohe Verluste machen, dass ihre Schulden ihr Vermögen übersteigen. Der wichtigste Schutz gegen Insolvenz ist Eigenkapital.
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P45
Dabei ist wichtig zu verstehen, dass Eigenkapital kein unproduktives Geld ist, das vorgehalten und nicht investiert wird. Es handelt sich lediglich um eine konservative Form der Refinanzierung. Fremdkapital muss getilgt werden und zusätzlich muss eine fest vereinbarte Verzinsung geleistet werden. Eigenkapital hingegen wird dem Unternehmen bedingungslos zur Verfügung gestellt. Das Unternehmen muss keine Dividenden zahlen, wenn es schlecht läuft, und es muss das Eigenkapital nie tilgen.
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P46
Jedes „normale“ Unternehmen setzt 25-30% Eigenkapital zur Finanzierung ein. Auch Banken waren in der Vergangenheit so finanziert. Die großen Investmentbanken waren traditionell sogar als Partnerschaften organisiert. Das heißt, jeder Partner haftete mit seinem gesamten Privatvermögen, wenn es zu einer Krise kam. Typischerweise war der mit Abstand größte Teil des privaten Vermögens in der Bank gebunden und konnte erst zu Kasse gemacht werden, wenn der Partner in Rente ging. Aus heutiger Sicht klingt dies wie eine Praxis des 19. Jahrhunderts. Weit gefehlt. Die wahrscheinlich bekannteste Investmentbank weltweit, Goldman Sachs, hat erst 1999 bei ihren eigenen Börsengang die Partnerschaftsstruktur aufgegeben.
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P47
In den Jahren vor der Krise hatten Banken systematisch ihr Eigenkapital reduziert. Viele der gescheiterten großen Banken nutzten nur 1-2% Eigenkapital zur Finanzierung. Die deutsche HypoRealEstate hatte gar nur 0,08% im Verlust haftendes Eigenkapital.[6]
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P48
Die aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalregeln vor der Finanzkrise hatten zwei fundamentale Schwächen: Das geforderte Eigenkapital bezog sich nicht auf die gesamte Bilanz sondern nur auf sogenannte Risiko gewichtete Aktiva. Um das Risikogewicht zu berechnen durften die Banken ihre eigenen Risikomodelle nutzen. Eine HypoRealEstate war so aus regulatorischer Sicht trotz homöopathischer Eigenkapitaldosis völlig ausreichend kapitalisiert, weil ihre Aktiva angeblich so wenig riskant waren. Das gleiche trifft auf Lehman und die anderen Pleitebanken zu.
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P49
Die neuen internationalen Regeln von Basel III, in Europa mit der CRD IV Verordnung in europäisches Recht umgesetzt, haben auf diese eklatanten Missstände reagiert und die Eigenkapitalanforderungen deutlich erhöht. In Bezug auf die Risiko gewichteten Aktiva wurde die Eigenkapitalanforderung mit 7% mehr als verdreifacht. Die nationalen beziehungsweise europäischen Aufsichtsbehörden können zusätzlich bis zu 2,5% antizyklische Puffer und bis zu 5% besondere Kapitalanforderungen für systemisch relevante Großbanken verfügen.
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P50
Außerdem führten die Regulierer eine sogenannte leverage ratio ein, sprich eine klare Schuldenbremse. Das Eigenkapital soll auch in Bezug auf die gesamte Bilanz eine Minimumquote von 3% nicht unterschreiten. Die leverage ratio ist allerdings noch nicht bindend. Sie soll auch nur als sogenannter backstop dienen. Die Hauptsteuerungsgröße für die Aufsichtsbehörden soll die risikogewichtete Quote bleiben. Die Baseler Regulierungsbehörde hat auch dem Druck der Banken nachgegeben und erlaubt selbst für die leverage ratio gewisse Risiken auszublenden. Banken dürfen Derivate weitgehend gegeneinander aufrechnen und Risiken in Zweckgesellschaften ausgliedern. Ausgerechnet in Zweckgesellschaften, den Sondermülldeponien für hoch giftige Wertpapiere, die während der Finanzkrise eine der Hauptursachen für die vielen Bankenpleiten waren.
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