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Grüne Agenda Finanzmarktregulierung

Starting: 17 Dec Ending

0 days left (ends 15 Mar)

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Im folgenden Text haben wir unsere Sicht auf die wichtigsten Elemente für eine Grüne Agenda für krisenfeste, verbraucher- und investitionsfreundliche Finanzmärkte zusammengefasst. Sie beruhen auf unseren Erfahrungen in der Finanzmarktpolitik in Bundestag und Europaparlament sowie aus aktiver Tätigkeit im Finanzmarkt. Jetzt hoffen wir auf Ihr und Euer kritisch-konstruktives Feedback und Vorschläge für Änderungen, Streichungen und Ergänzungen. Wir freuen uns auf Kommentare und Bewertung bis zum 15. März 2016 Alle Kommentare werden wir bei der Erstellung der Endfassung berücksichtigen, die dann zu einem gemeinsamen Beschluss der Grünen wirtschafts- und finanzpolitischen Abgeordnetengruppen in Europaparlament und Bundestag führen soll.

Für Textänderungen bitte auf den Stift oben rechts bei jedem Paragraphen klicken!

Gerhard Schick, Sven Giegold, und Udo Philipp

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Status: Closed
Privacy: Public
Member of the European Parliament and the Committees for Economic/Financial and for Constitutional Affairs

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P104

Damit diese Art der Bilanzierung funktioniert, brauchen wir starke und wirklich unabhän­gige Wirtschaftsprüfer und die Prüfer müssen allen Stakeholder verpflichtet sein. Situa­tionen, in denen ein Prüfer einem Unternehmen ein gutes Zeugnis ausstellt und dieses wenige Monate später Konkurs anmeldet, obwohl sich die externen Rahmenbedingungen nicht dramatisch verändert haben, dürfen nicht mehr so oft vorkommen. Außerdem sollen die Prüfer auch eine Verantwortung dem Finanzamt gegenüber haben. Es ist nicht zu ver­treten, dass ein Wirt­schafts­prüfer die Zahlen eines Unternehmens testiert und die Steuer­prüfung im Anschluss massive Abweichungen findet. Wir wollen daher die Haftungsre­geln der Wirtschaftsprüfer sowohl gegenüber der Finanzaufsicht wie gegenüber dem Finanz­amt deutlich verschärfen.

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P105

Wir brauchen viel mehr Konkurrenz unter den Prüfern. Ein globales Oligopol von nur vier Gesellschaften führt im Bereich der Großunternehmen dazu, dass die Prüfer zu ab­hängig von ihren Kunden werden. Der Markt für Wirtschaftsprüfung großer Gesell­schaf­ten ist extrem konzentriert. Daraus entsteht zum einen eine große politische Macht der vier marktbeherrschenden Wirtschaftsprüfer, zum anderen sind häufig dieselben Prüfer zu lange in den einzelnen Unternehmen und haben nicht mehr die nötige kritische Dis­tanz. Vor allem aber verschwimmt über die Vermischung von Beratung und Prüfung die Rolle. Als Berater suchen die Wirtschaftsprüfergesellschaften gemeinsam mit den Unter­nehmen Möglichkeiten der Gewinnsteigerung und der optimalen Präsentation des Unter­nehmens für Investoren, als Wirtschaftsprüfer müssen sie Auswüchse des Gewinn­stre­bens verhindern und im öffentlichen Interesse eine korrekte Darlegung der Unterneh­mens­situation sicherstellen. Wir wollen daher den Wettbewerb unter Prüfern stärker fördern, indem die Großunternehmen verpflichtet werden, regelmäßig ihre Wirtschafts­prüfungsgesellschaft zu wechseln und die neuen Prüfer während einer angemessenen Zeit keinerlei geschäftliche Beziehungen mit dem zu prüfenden Unternehmen gehabt haben dürfen. Die Trennung von Prüfung und Beratung, die als europäische Richtlinie ansatz­weise bereits vorgeschrieben wurde, wollen wir in Deutsch­land wesentlich konsequenter und nicht nur für Unternehmen öffentlichen Interesses einführen.

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P106

Auch wollen wir dafür sorgen, dass in Zukunft die Buchhaltungsregeln demokratischer erlas­sen werden. Derzeit werden die internationalen Regeln von einer privaten Orga­nisation - dem International Accounting Standards Board - festgesetzt. Obwohl Bilan­zierungsregeln viele gesellschaftliche Gruppen betreffen, sitzen in den Gremien des IASB praktisch nur Vertreter aus den vier großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Großunternehmen. Andere Gruppen sind nicht vertreten. Rechenschaftspflichtig sind diese Entscheidungsträger nur sich selbst. Auch die Vertreter aus Europa werden nicht demokratisch legitimiert. Sie müssen sich keinem Parlament verantworten. Lediglich bei der Aufsicht über den IASB und beim Be­schluss der bereits ausgearbeiteten Standards haben demokratisch legitimierte Akteure einen maßgeblichen Einfluss. Der IASB ist damit ein besonders extremes Beispiel von Postdemo­kratie in internationalen Finanz­institutionen. Die Globalisierung darf jedoch nicht den Ab­schied von der Demokratie befördern, sondern muss die Demokratie selbst globalisieren.

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P107

Daher wollen wir die Zusammensetzung der Expertengruppe verändern, so dass Experten aus kleinen und mittleren Unternehmen, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft ange­mes­sen repräsentiert sind. Die europäischen Vertreter im IASB müssen durch das Europapar­lament gewählt werden. Wenn diese Veränderungen nicht durchsetzbar sind, unterstützen wir die Entwicklung eigener europäischer Buchhaltungsstandards.

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P108

Auch wenn wir die Vergleichbarkeit der Unternehmensbilanzen innerhalb von Europa grund­sätzlich für wichtig halten, lehnen wir dennoch die Einführung von IFRS für kleine und mitt­lere Unternehmen ab, solange wie der IASB nicht in unserem Sinne demokratisch reformiert ist.

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FINANZREGULIERUNG DEMOKRATISIEREN

P109

Regulierung muss demokratisch kontrollierbar werden. Heute ist die Regulierung viel zu technisch und komplex, um dies zu ermöglichen. Dies ist auch ein wichtiger Grund, um Regulierung stark zu vereinfachen. Banken und Versicherungen sind auch nicht kompli­zierter als andere Unternehmen. Der Popanz um ihre angebliche Komplexität ist ein von der Finanzlobby bewusst instrumentalisierter Kult, damit Finanzmarktregulierung zwi­schen Finanzlobby und Finanzaufsicht im Hinterzimmer ausgekungelt werden kann.

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P110

Wenn neue Finanzmarktgesetze ein­geführt werden, behauptet die Bundesregierung regel­mäßig, ihre Gesetzesvorlagen seien alternativlos. Sie legt grundsätzlich keine datenge­stützte Situationsanalyse vor und vergleicht nicht verschiedene Handlungsalternativen. Ohne Zugang zu den Industriedaten sind seriöse Alternativen jedoch nicht zu erarbeiten. Bei der Beratung zu den Gesetzen treten im Finanzausschuss fast nur Lobbyisten oder von Banken oder Versicherungen finanziell abhän­gige Berater auf. Es gibt viel zu wenige unabhängige Expert*innen.

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P111

Wir wollen daher unabhängige Expertise fördern. Analog zu der von den europäischen Grünen initiierten Finance Watch Organisation, die wesentlich von der EU Kommis­sion finanziert wird, braucht es auch in Deutschland öffentli­che Unterstützung für unabhän­gi­ge Finanzmarktexpertise, sowohl in der Wissenschaft (zum Beispiel durch ein Institut, das die aufsichtlichen Daten wissenschaftlich aufbereitet und der Öffentlichkeit zur Ver­fügung stellt) als auch in der Zivilgesellschaft. Das Ziel ist mehr Transparenz über den Zustand der Finanzindustrie und der Regulierung. In Zukunft sollen Finanzmarktgesetze grundsätzlich erst nach einer öffentlich transparenten und datengestützten Situationsana­lyse verabschiedet werden.

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P112

Ein weiteres großes Problem für die Demokratie in der Finanzmarktgesetzgebung ist , dass die Parlamente regelmäßig vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Alle wichtigen Regeln werden in internationalen Organisationen verhandelt und detailliert festgelegt. Das Europaparlament kann im Grunde nur die Regeln so umsetzen, wie sie international verhandelt wurden oder sich zum kompletten Außenseiter machen. Während die Banken­regulierung in Basel wenigstens von Vertreter*innen der Zentralbanken und Regulie­rungsbe­hörden verhandelt wird, werden die fast genauso wichtigen internationalen Buch­haltungs­standards von einer komplett privaten Organisation festgesetzt. In beiden Fällen ist es aber so, dass das Europaparlament nicht frühzeitig informiert wird und keine Mög­lich­keit hat, auf das Verhandlungsmandat einzuwirken. Wir wollen daher den Prozess der inter­nat­ionalen Regelsetzung demokratisieren. In den wichtigen Finanzgremien soll die EU verstärkt mit einer Stimme sprechen. Und die Verhandlungsführer müssen frühzeitig das Europaparlament informieren und sich ihr Mandat demokratisch legitimieren lassen. Die Sitzungsprotokolle der internationalen Regulierungsgremien sollen öffentlich gemacht werden.

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P113

An anderer Stelle haben wir dargelegt, wie wir Lobbyismus auch in anderen Bereichen transparent machen und in Schranken verweisen wollen.

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DEN STAAT AUF AUGENHÖHE BRINGEN

P114

Die erhöhte Transparenz über den Zustand der Finanzindustrie und der Regulierung soll auch dazu führen, dass Finanzministerium und Bankenaufsicht ihr Selbstverständnis überdenken. Die Regierung und ihre Aufsichtsbehörden haben oft die Neigung, große Unternehmen besonders zu fördern, weil viele Arbeitsplätze von ihnen abhängen und weil man „den Standort Deutschland“ fördern möchte. Ähnlich wie in der Automobilin­du­strie wurden sogenannte national champions auch in der Finanzwirtschaft besonders ge­pflegt. Wenn man aber unbedingt „seine Banken“ vor der „bösen“ Konkurrenz aus London oder New York schützen möchte, schaut man im Zweifel nicht so genau hin. Ein klares Beispiel für Machtwirtschaft. Dieses Problem war einer der Gründe für die ge­mein­same Bankenaufsicht in Europa.

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P115

Zu diesem Faible für die national champions kommt eine besonders juristische Heran­ge­hensweise an die Aufsicht. Die sogenannte erste Säule der Regulierung besteht aus klaren Vor­schrif­ten wie zum Beispiel einer festgeschriebenen Eigenkapitalquote. Die Aufsicht kann hier einfach ihre Checklisten abhaken. Das Problem mit solch einer Vorgehens­weise ist, dass sich die Welt immer wieder ändert. Banken sind besonders kreativ darin, die Regeln zwar formal einzuhalten aber inhaltlich zu umgehen. Deswegen hat der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht auch eine zweite Säule der Regulierung vorge­sehen. Die Bankenaufsicht soll sich von den festen Quoten und Checklisten lösen und stattdessen das Gesamtrisiko einer Bank identifizieren und würdigen.

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P116

Die BaFin hat die aufsichtsrechtlichen Möglichkeiten aus der zweiten Säule aber nicht genutzt. So hat sie zum Beispiel fest­gestellt, dass Banken ihre Risiken in sogenannte Zweckgesellschaften auslagern, die sie formal nicht in ihren Büchern konsolidieren mussten, denen sie aber Liquiditätszu­sagen gegeben hatten. Jeder Buchhalter Lehrling konnte sehen, dass die Risiken wirtschaftlich gesehen bei der Bank verblieben waren. Dieser Vorgang passte aber nicht in die juristi­schen Checklisten der BaFin. Sie hat daher allen Pleitebanken vor der Krise ein gutes Zeugnis ausge­stellt, weil sie formal die Regeln einhielten, anstatt sich zu überlegen, ob die Regeln nur formal aber nicht wirtschaftlich eingehalten waren. Die BaFin fand auch nicht be­merkens­wert, dass die HypoRealEstate kurz im Jahr vor ihrer Pleite nur 0,08% Eigen­ka­pital bezogen auf die komplette Bilanz­summe hatte (leverage ratio). Auf den Check­listen stand nur die Eigenkapitalquote nach risikogewichteten Aktiva und die war in Ordnung. So hat sie der HRE mitten in der Finanzkrise noch genehmigt, eine hohe Divi­dende an ihre Aktionäre auszubezahlen, obwohl die Bank mit dem Rücken zur Wand stand.

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P117

Diese Einstellung hat sich immer noch nicht wirklich geändert. Die Bundesbank führt immer wieder Analysen und Szenarienrechnungen in den verschiedenen Bereichen der Finanzwirtschaft durch. Dabei geht es zum Beispiel um das Risiko eines plötzlichen gra­vierenden Zinsanstieges oder die Auswirkungen der Niedrigzinsphase auf die Bau­spar­kassen und Lebensversicherer. Immer wieder weist die Bundesbank auf existenz­be­droh­liche Risiken hin. Besonders gravierend ist die Situation für die Lebens­versiche­rungs­branche. Gemäß Bundesbank werden etwa 80% der Unternehmen insol­vent, wenn die Niedrigzinsphase anhält und die Unternehmen ihre Gewinne nicht einbe­halten, um ihre Kapitalbasis zu stärken. Was macht die BaFin? Sie stellt fest, dass die Unternehmen heute noch solvent sind und erlaubt ihnen weiterhin ihre Gewinne auszu­schütten.

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P118

Auch bei kriminellen Aktivitäten in den Banken oder durch die Banken schaut die BaFin viel zu lange weg. So blieb sie über Jahre untätig, obwohl bekannt war, dass Banken und durch sei vermittelt auch private Investor*innen mit den Cum-Ex-Geschäften den Fiskus um geschätzte 12 Milliarden Euro betrogen. Auch wenn Banken ihre Kund*innen in Steueroasen locken, schaut der Staat regelmäßig weg.

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P119

Wenn es darum geht, aus Fehlern zu lernen und im Parlament aufzuarbeiten, wie man solche Probleme in Zukunft verhindert, stellt sich die Regierung regelmäßig stur. Deutsche Regierungsbeamt*innen oder Politiker*innen machen schließlich keine Fehler. Wenn hier eine Bank pleite geht, liegt dies ausschließlich an den USA, ihren Giftpapieren und ihrer Fehlentscheidung Lehman Brothers in den Konkurs zu schicken.

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P120

Wir wollen in Zukunft die Einstellung der Behörden grundsätzlich ändern. Überall pas­sieren Fehler. Das ist kein Grund für einen Skandal. Skandalös ist nur, wenn man Fehler nicht zugibt und sich weigert aus ihnen zu lernen. Wir wollen daher die Ursachen der Fehler in der Bankenaufsicht und im Finanzministerium systematisch aufarbeiten, um diese in Zukunft zu vermeiden.

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P121

Wir wollen vor allem die BaFin dazu bringen, in Zukunft nicht mehr rein formalistisch die Gegenwart zu betrachten, sondern bei erkenn­baren Risiken in der Zukunft rechtzeitig auf die Bremse zu treten, selbst wenn dies bedeutet, dass die schwächsten Unternehmen dann scheitern. Eine Einstellung wie zum Beispiel, „den Bausparkassen geht es schlecht, deswegen ist es alternativlos, ihnen zu gestatten größere Risiken einzugehen“[17], halten wir für sträflich. In der Wirtschaftswissenschaft nennt man das gambling for resurrec­tion. Heute hätten die Bausparkassen noch ausreichende Kapitalre­serven, um im Kon­kursfall ihre Bausparer*innen auszubezahlen. Wenn sie jetzt größere Risiken eingehen, kann es zwar sein, dass sie damit ausreichend viel Geld verdienen. Ebenso möglich ist es aber, dass sie mit den Risiken vor die Wand fahren. Dann aber haben sie ihr verbleiben­des Kapital verspielt und der Staat muss für die Bausparer*innen aufkom­men.

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