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Grüne Agenda Finanzmarktregulierung

Starting: 17 Dec Ending

0 days left (ends 15 Mar)

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Im folgenden Text haben wir unsere Sicht auf die wichtigsten Elemente für eine Grüne Agenda für krisenfeste, verbraucher- und investitionsfreundliche Finanzmärkte zusammengefasst. Sie beruhen auf unseren Erfahrungen in der Finanzmarktpolitik in Bundestag und Europaparlament sowie aus aktiver Tätigkeit im Finanzmarkt. Jetzt hoffen wir auf Ihr und Euer kritisch-konstruktives Feedback und Vorschläge für Änderungen, Streichungen und Ergänzungen. Wir freuen uns auf Kommentare und Bewertung bis zum 15. März 2016 Alle Kommentare werden wir bei der Erstellung der Endfassung berücksichtigen, die dann zu einem gemeinsamen Beschluss der Grünen wirtschafts- und finanzpolitischen Abgeordnetengruppen in Europaparlament und Bundestag führen soll.

Für Textänderungen bitte auf den Stift oben rechts bei jedem Paragraphen klicken!

Gerhard Schick, Sven Giegold, und Udo Philipp

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Status: Closed
Privacy: Public
Member of the European Parliament and the Committees for Economic/Financial and for Constitutional Affairs

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P155

Bei konsequenten bail-in Maßnahmen wird es unwahrschein­lich, dass noch Steuermittel zur Rekapitalisierung erforderlich werden. Für den Fall, dass der europäische Banken­restrukturierungsfonds für weitergehende Kosten nicht ausreichend Mittel zur Verfügung haben sollte, soll sich der Fonds beim ESM verschulden dürfen. Diese Schulden sollen durch nachträgliche Bankenabgaben wieder abgetragen werden.

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P156

Um die fatale Wechselwirkung zwischen schwachen Staaten und schwachen Banken auf­zuheben, sollen für Kredite an Staaten die normalen Großkreditgren­zen gelten. Mit einer vernünftigen Schuldenbremse (leverage ratio) können Banken Staatsanleihen auch nicht mehr ohne Eigenkapital refinanzieren.

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P157

Außerdem wollen wir mit der Schaffung eines europäischen Einlagensicherungs­systems die Bankenunion vollenden. In einem einzelnen Land kann eine Bankenkrise leicht die nationale Einlagensicherung sprengen. In Deutschland konnte der Einlagensicherungs­fonds der Privatbanken nach der Pleite der IKB und der Düsseldorfer Hypothekenbank die Schieflage der deutschen Tochtergesellschaft von Lehman Brothers nicht mehr ver­kraften und brauchte einen Notkredit vom Staat. Auch die Einlagensicherungssysteme der heute so starken Sparkassen und Genossenschaftsbanken können bei einer syste­mi­schen Krise bei der mehrere kleine Banken gleichzeitig in Schieflage kommen, leicht überfordert sein. Zudem haften diese Systeme auch für die Landesbanken und die genos­senschaftlichen Zentralinstitute wie die DZ Bank. Derartige Großkrisen rein national abzusichern wäre prohibitiv teuer. Außerdem ist ein europä­isches Einlagensicherungs­system wichtig, damit bei einer Krise keine Kapitalflucht einsetzt. Diese verstärkt die Krise massiv und führt leicht zu einer Negativspirale.

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P158

Um gut funktionierende nationale Systeme wie die Instituts­sicherung der Spar­kassen und Genossenschaftsbanken zu bewahren, wollen wir das europäische System lediglich als Rückversicherung konstruieren. Zudem würden wir begrüßen, wenn beide Instituts­grup­pen sich selbst europäische Partner suchen, um ihre Modelle der Absicherung in einem größeren Teil der Eurozone zur Wirkung zu bringen, was sich positiv auf die Krisen­stabilität der Eurozone auswirken würde.

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P159

Bei der Finan­zierung der Bankenunion, also dem Abwicklungsfonds und der Einlagen­sicherung wollen wir sicherstellen, dass die Beiträge ausreichend das höhere Risiko großer und komplexer Banken , sowie die Kapitalausstattung und das Geschäftsmodell der jeweiligen Banken reflektieren. Das sieht das europäische Recht durch Grünes Engagement schon heute vor, wurde aber unvollkommen umgesetzt. Die Beiträge zum Bankenabwicklungsfonds müssen mit der nächsten turnusmäßigen Überarbeitung des Gesetzes tatsächlich risikoproportional werden. Wir wollen, wie oben geschildert, die Neugestaltung der Beiträge nutzen, um Banken einen starken Anreiz zu geben, sich weniger kurzfristig zu verschulden.

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Banken leichter abwickelbar machen – Trennbankensystem einführen

P160

Groß­banken können so schwer abgewickelt werden, weil sie so komplex und so interna­tional sind. Sie bestehen aus tausenden von gesellschaftsrechtlichen Einheiten, deren Existenz meist nur zur Steuervermeidung dient und nichts mit der Geschäftslogik zu tun hat. Daher können in der Krise unmöglich schnell die gesunden von den kranken Ge­schäftsteilen ge­trennt werden. Die Internationalität führt dazu, dass jedes Land Sorge hat, auf den kost­spieligen Problemen alleine sitzen zu bleiben.

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P161

Um die Komplexität in den Griff zu bekommen, müssen die Banken sogenannte Testa­mente, living wills, schreiben, in denen sie aufzeigen, wie sie in der Krise schnell auf­gespalten und abgewickelt werden können. Noch ist in der Öffentlichkeit wenig zu den Testamenten bekannt geworden. Aus Schutz vor angeblichen Geschäftsgeheim­nissen, gibt es keinen Zugang zu diesen Dokumenten. Lediglich von der Aufsicht in den USA hat man gehört, dass die bislang eingereichten Entwürfe auch der europäischen Banken noch völlig unzureichend seien. Es ist auch schwer vorstellbar, was diese Testamente bringen sollen, wenn nicht gleichzeitig gesellschaftsrechtliche Vorbe­reitungen getroffen werden. Banken können nur dann schnell in gesunde und kranke Teile aufgespalten werden, wenn ihre Geschäftsfelder auch in separaten rechtlichen Einheiten organisiert sind.

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P162

Die offizielle europäische Expertengruppe um den finnischen Zentralbankchef Liikanen hatte sich eindeutig dafür ausgesprochen, dass Banken ihre Handelsaktivitäten und ihr klassisches Bankgeschäft in zwei juristisch eigenständigen Schwestergesellschaften unter einem Dach führen. Nur so ist es in einer Krise schnell möglich, die Bank aufzuspalten und dafür zu sorgen, dass eine Abwicklung ohne Steuergelder realistisch wird. Auch hier hat die EU Kommission dem Druck der deutschen Regierung nachgegeben und die Trennbankenreform der Willkür nationaler Aufseher überlassen. Wenn Herr Schäuble nicht will, muss also keine deutsche Großbank ihre Geschäfte aufspalten.

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P163

Und dass er nicht will, hat er mit dem deutschen Trennbankengesetz[23] schon bewiesen. Das Gesetz ist der Höhepunkt der Scheinheiligkeit. Placeboregulierung pur. Nichts als Sand, der in die Augen der Wähler gestreut werden soll. In ein separates Tochterunter­nehmen soll in Deutschland ausschließlich der Eigenhandel überführt wer­den. Nur kann niemand Eigenhandel vernünftig definieren. Die Banken jedenfalls behaupten, alle ihre Handelsaktivitäten hätten Kundenbezug[24]. Und Handel mit Kundenbe­zug fällt selbst­ver­ständlich nicht unter das Gesetz. Das deutsche Trennbankengesetz verbietet also gar nichts. So kann man sich großspurig in Fernsehtalkshows setzen und sagen: „Trenn­ban­ken – haben wir doch schon alles geregelt, was wollt Ihr denn“.

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P164

Das einzige, was das Gesetz also ge­bracht hat, ist interne Bürokratie, weil die Banken sich zu jedem Handelsge­schäft nun einen Kundenbezug ausdenken und doku­mentieren müssen. Die Risiken in der Bank sind dieselben wie vor dem Gesetz geblieben und abspalten kann man das Geschäft in der Krise immer noch nicht, weil es nicht in einer eigenen rechtlichen Einheit organisiert ist.

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P165

Wir wollen daher ein klares und einfaches Trenn­bankensystem einführen. Jede größere Bank hat heute schon mehrere klar definierte Ge­schäftsbereiche, zum Beispiel das Han­dels­geschäft und das Kreditgeschäft. Die Mana­gementstruktur erfolgt normalerweise so, dass Manager für einen Geschäftsbereich voll verantwortlich sind, das heißt für die Kun­denbeziehungen sowie für die Finanzierung ihres Geschäftes. Diese klaren Manage­ment­strukturen wollen wir verpflichtend machen. Zusätzlich müssen Banken in der Zukunft aber auch ihre rechtliche Struktur so reformie­ren, dass jedes Geschäftsfeld auch gesell­schaftsrechtlich eigenständig ist. Die Banken sollen nicht zerschlagen werden, sondern nur sauber orga­nisiert. Auf Steuervermeidung, der in der Regel die jetzigen verschach­telten gesell­schaftsrechtlichen Strukturen dienen, müssen die Banken in Zukunft verzich­ten. Auch müssen sich die einzelnen Geschäftsein­heiten in ihren Verrech­nungspreisen untereinander wie fremde Dritte behandeln. So werden wir die Subventio­nierung riskan­ter Handelsaktivitäten durch staatlich geschützte Kundeneinlagen beenden.

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P166

Das Trennbankengesetz ist ein gutes Beispiel, wie ein langes Gesetz mit komplizierten Regeln vereinfacht werden könnte. Mann muss nicht ausführlich definieren, was Eigen­handel ist, welche Handelsaktivitäten und welche Sicherungsgeschäfte im Kundeninte­resse stattfinden. So schafft man nur Komplexität, Bürokratie und eine Vielzahl von Aus­nahmen. Wir wollen stattdessen alle Handelsaktivitäten in die Handelsbank geben. Ohne Ausnahmen.

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WETTBEWERB

P167

Von fairem Wettbewerb kann in der Finanzindustrie derzeit keine Rede sein. Alle Banken, egal ob groß oder klein, müssen jedoch die gleichen Chancen haben, sich am Markt er­folgreich zu betätigen. Staatliches Handeln darf nicht dazu führen, dass sich die großen Banken Monopolgewinne sichern können. Daher müssen un­bedingt die too big to fail Subventionen eingestellt werden. Sollten wir mit unseren Re­formen diese Subven­tionen nicht in den Griff bekommen, muss auch über härtere Maß­nahmen nachgedacht werden. Wir begrüßen daher die Abspaltung der Postbank von der Deutschen Bank. Dies ist ein guter erster Schritt in die richtige Richtung. Die Fusion von Großbanken wie der Deut­schen Bank und der Postbank hätte nie genehmigt werden dürfen. Das zeigt eine Lücke auf: Es fehlt, wie die Monopolkommission zu recht anmerkt, ein eigenständiges Bankenfusionsrecht, das für die Zukunft ausschließt, dass bereits systemrelevante Banken durch Aufkäufe noch weiter wachsen können.

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P168

Auch im Versicherungsbereich gibt es ein Problem mit Marktmacht. Die Allianz domi­niert den Markt. Jede dritte neue Lebensversicherung in Deutschland geht zur Allianz. Die Kunden wissen, dass der Staat die Allianz niemals pleite gehen lassen wird. Jahr für Jahr erzielt die Allianz so eine Rendite auf das in der Lebensver­sicherung eingesetzte Eigenkapital von über 30%, während ihre Kunden nur noch 1,25% garantiert be­kommen. Wir müssen daher die Versicherungsindustrie wie weiter unten geschildert so reformie­ren, dass ein Marktführer wie die Allianz nicht nur deswegen so viel Neugeschäft an sich zieht, weil die Kunden sich nicht trauen ihre Altersvorsorge einem kleinen und daher nicht mit einer impliziten staatlichen Garantie versehenen Unternehmen anzuvertrauen.

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P169

Bei allem unserem Engagement für die kleinen lokalen Akteure, für Sparkassen, Genos­sen­schaftsbanken und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, ist jedoch auch hier nicht alles im grünen Bereich. Es gibt über Tausend kleine Genossenschaftsbanken und über 400 kleine Sparkassen. Diese sind zwar formal unabhängig. In Wirklichkeit aber haben sie den Markt untereinander aufgeteilt. Jede dieser kleinen Banken ist nur in einer festgelegten Region tätig und macht sich gegenseitig keine Konkurrenz. Sowohl die Spar­kassen wie die Volks- und Raiffeisenbanken haben sich zu Verbünden zusammen­ge­schlossen und wichtige Funktionen zentralisiert. So gibt es zwar auf dem Papier viele Banken, aus Wettbewerbssicht aber nur vier große Bankengruppen. In vielen ländlichen Gegenden Deutschlands gibt es nur zwei oder sogar nur eine einzige Bank.

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P170

Dieses Gebietsmonopol ist ein zentrales Grundprinzip sowohl der Sparkassen und Genos­senschaftsbanken. Zwar schränkt es den Wettbewerb ein. Doch nur so sind diese kleinen Banken überhaupt kooperationsfähig und damit überlebensfähig. Das dezentrale Banken­system der deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken ist eine der großen Stärken in unserem Land. Das Gebietsmonopol dient eindeutig der Finanzstabilität. Wir wollen es daher unter keinen Umständen abschaffen.

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P171

Wir wollen aber auch nicht zulassen, dass kleine Banken ihre lokale Monopolstellung dazu nutzen, um ihre Kund*innen unfair auszuneh­men. Wir wollen Indizien zu uner­laubten Preisabsprachen bei kleinen Banken auf dem Land, wie von der Monopolkom­mission jüngst berich­tet, genauso hart verfolgen, wie jede Form von illegalem Verhalten bei Großbanken. Wir wollen nicht länger tolerieren, dass Banken oder auch Versiche­rungen ihre Preise, wie z.B. für Dispokredite verschleiern. Transparenz und Vergleich­barkeit sind enorm wichtige Faktoren für funktionierenden Wettbewerb in der Finanz­industrie.

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P172

Derzeit sind in kaum einem Land der OECD die Gebühren für die Geldanlage so hoch wie in Deutschland. Auch die Zinsen für mittelständische Unternehmen waren in Deutsch­land in den letzten Jahren fast immer höher als in den meisten anderen Ländern Europas. Oft werden Menschen mangels anderer Alternative für ihre Dispokredite abgezockt. All dies wollen wir nicht tolerieren. Dispozinsen wollen wir gesetzlich deckeln. Die große Koalition setzt hier leider im wesentlich auf Transparenz und eine Verpflichtung der Institute, Kunden mit Dispokredite Beratung anzubieten. Das reicht nicht aus. Wir müssen bei der Deckelung allerdings darauf achten, dass wir damit nicht Menschen mit schlechterer Kreditwürdigkeit in die Arme von Kredithaien treiben.

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